Vor über zehn Jahren wurde am Gymnasium Burgdorf die AG „Paläontologie & Archäologie“ unter der ehrenamtlichen Leitung des Archäologen Dr. Alexander Mlasowsky gegründet. Aus dieser AG ist nun im letzten Jahr ein ganz besonderes Filmprojekt entstanden. Das GymBu-Filmteam mit dem Namen ‚artaconfilms‘, das erst im Frühjahr 2022 gegründet wurde, erhielt vom renommierten italienischen Archäologen Prof. Stefano Maggi von der Universität Pavia eine Einladung, um in Oberitalien an einer archäologischen Ausgrabung teilzunehmen und sie mittels eines Filmes (siehe unten) zu dokumentieren. Vom GymBu fuhren Jonte Behrens, Hannes Puchta und Robin Tielker (alle Jg. 13) sowie Matthies Kleen (Jg. 7) im vergangenen Sommer gen Süden. Robin und Matthies bedienten vor Ort die beiden Kameras und sorgten für den Ton. Hannes nahm mit einer Drohne zudem Filme aus der Luft auf. Jonte sorgte für die Organisation und half bei den Filmaufnahmen. Dr. Mlasowsky, der Leiter des Filmteams, diskutierte mit seinem Fachkolleg*innen sowie den Grabungshelferinnen und informierte sich über den Stand der Ausgrabung.
Zuerst gab Prof. Maggi mit seinem Notebook einen Überblick hinsichtlich des Projektes. Er befasst sich seit Jahren mit der Landschaftsarchäologie der Region Oltrepo Pavese im Süden der Provinz Lombardei. In den letzten vier Jahren wurden zwei römische Gutshöfe ausgegraben, die in der Zeit der römischen Republik – also um 200 v. Chr. – errichtet und wohl gegen 400 n. Chr., zur Zeit der Völkerwanderung, aufgegeben wurden. Die Ausgrabungen beider Gutshöfe, die nur wenige Kilometer auseinanderliegen, mussten allerdings wieder zugeschüttet werden, damit die heutigen Landwirte dort ihre Äcker weiter bestellen können.
Etwa in der Mitte beider Gehöfte befinden sich zwei Suchschnitte, die nun vom Filmteam aufgesucht wurden. Ein internationales Grabungsteam aus angelsächsischen Ländern sowie dem Iran, Indien und Russland legten gerade zwei Mauerzüge frei. Die an diesem Tag gefundenen Keramikscherben und kleine metallene Gegenstände wurden noch vor Ort gesäubert und grob klassifiziert. Es handelte sich um einfache Töpfe aus lokaler und spanischer Produktion und kostbarere rötliche Importware aus Nordafrika (sog. Terra Sigillata). Die Scherben zeigen auf, dass das Gebiet von Oltrepo Pavese in ein großes Handelsnetz eingebunden war. Die Mauerzüge wurden von Prof. Maggi und Dr. Mlasowsky dahingehend interpretiert, dass es sich bei dem Gebäude um ein ländliches Heiligtum aus der Spätantike gehandelt haben könnte.
Im benachbarten Museum von Casteggio werden die Funde nach der Säuberung und wissenschaftlichen Bearbeitung ausgestellt. Als eine Besonderheit durfte das Filmteam die kostbare und fein ausgearbeitete Statuette des römischen Gottes Merkur aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. filmen. Im selben Gebäudekomplex befindet sich auch das Grabungsmagazin, im dem die Funde für die weitere wissenschaftliche Bearbeitung sorgfältig aufbewahrt werden. Das Team erhielt dort von Prof. Maggi eine Einweisung und durfte u.a. auch römische Münzen filmen und fotografieren.
Aus aktuellem Anlass nahm sich das Team auch des Klimawandels an. Die Besitzerinnen zweier Plantagen zeigten die ausgedörrten Pflanzen und Früchte. Hierbei deutete die Winzerin auf ein ungewöhnliches Phänomen hin. An den Reben waren die reifen Trauben und bereits die Fruchtstände der künftigen Ernte des nächsten Jahres zu sehen. Eigentlich dürften sich die Fruchtstände erst im kommenden Frühjahr ausbilden, was anzeigt, dass die Weinreben ihren regulären Wachstumszyklus durch den Klimawandel vollkommen verloren haben. Die Winzerin erläuterte, dass die Ernten dadurch sehr erschwert werden.
Film- und Drohnenaufnahmen an den Flüssen Po und Staffora zeigten zudem, dass die wichtigsten Flüsse Oberitaliens zu schmalen Rinnsalen zusammengeschrumpft und Sandbänke zu sehen waren, wo normalerweise der Wasser fließen müsste. Der Staffora war sogar fast gänzlich zugewachsen.
Die Fahrt und die Filmaufnahmen waren insgesamt anstrengend, aber sehr lehrreich. Während die Ausgrabungen sehr interessant waren, empfand das Team die Dürre als mental wirklich sehr bedrückend.
Text: Jonte Behrens (Jg. 13), Hr. Dr. Mlasowsky